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Wie steht es um die kulturelle Beteiligung in Österreich?

Projekte

Kulturstudie im Auftrag des BMKÖS

Im Auftrag des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport führte SORA eine sozialwissenschaftliche Grundlagenstudie zur kulturellen Beteiligung in Österreich durch. Die Studie basiert auf einer standardisierten Befragung von 2.000 Menschen ab 15 Jahren in ganz Österreich, die im Dezember 2022 und Jänner 2023 telefonisch und online durchgeführt wurde.

Die Ergebnisse zeigen, dass kulturelle Aktivitäten wie Fernsehen, Musik hören und Lesen wichtige Bestandteile der Freizeitgestaltung der Menschen in Österreich sind, der Besuch von Kulturveranstaltungen und -stätten ist für 22% der Menschen ein regelmäßiger Teil der Freizeitgestaltung. Das Kulturnutzungsverhalten hat sich deutlich verändert: Im Vergleich zu 2003 hat sich der Anteil der Menschen, die regelmäßig Kulturveranstaltungen und -stätten besuchen, um 10 Prozentpunkte erhöht.

Kulturelle Beteiligung als Indikator der Klassengesellschaft

Nach wie vor gibt es einen engen Zusammenhang zwischen der kulturellen Beteiligung und der sozialen Stellung: Während 41% der Menschen mit akademischem Abschluss mehrmals im Monat Kulturveranstaltungen besuchen, sind es unter Menschen mit Matura 26% und Menschen mit maximal Lehrabschluss 14%. Menschen mit höheren Einkommen und Bildungsabschlüssen sind also häufiger Teil des Kulturpublikums als Menschen im untersten Einkommensdrittel oder in armutsgefährdeten Haushalten. Arbeitslose sind besonders benachteiligt und erfahren soziale Exklusion auch durch eine fehlende oder geringe kulturelle Beteiligung.

Kulturelles Kapital wird „vererbt“

Etwa die Hälfte der regelmäßigen Kulturbesucher:innen kommt aus einer kunst- und kulturinteressierten Familie, im Vergleich zu einem Fünftel der seltenen Besucher:innen und 12% der Nicht-Besucher:innen. Diese Unterschiede werden durch die Schule nicht ausgeglichen: 46% aller regelmäßigen Kulturbesucher:innen sagen, dass die Schulzeit ihr Interesse an Kunst und Kultur gefördert habe, aber nur 23% aller seltenen Besucher*innen und 15% all jener, die keine Kulturveranstaltungen und -stätten besuchen. Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen beteiligen sich spartenübergreifend häufiger als Menschen mit niedrigeren Einkommen oder formal niedrigeren Bildungsabschlüssen.

Kinos und historische Denkmäler werden am häufigsten besucht, Museen werden seltener besucht

Die beliebtesten kulturellen Aktivitäten in Österreich sind der Besuch von Kinos und historischen Denkmälern, gefolgt von Museen, Pop-, Rock-, Jazz- oder Schlagerkonzerten und Theater. Während der Anteil der Kinobesucher:innen stabil geblieben ist, ist der Besuch von Museen im Vergleich zur letzten Befragung im Jahr 2007 gesunken. Es gibt Hinweise darauf, dass sich das Kulturpublikum über die Zeit ausdifferenziert und es sowohl mehr regelmäßige als auch mehr sporadische Besucher:innen gibt. Insgesamt zählen 18% der Befragten zu den "regelmäßigen Besucher:innen" und 4% zu den "intensiven Kulturbesucher:innen“. Die Mehrheit der Menschen zählt zu den „peripheren Besucher:innen“ (59%), 19% zu den Nicht-Besucher:innen.

Gratiseintritte forcieren die kulturelle Beteiligung in Österreich

Etwa 29% aller Kulturveranstaltungsbesuche im Jahr 2022 waren Gratisbesuche. Besonders Lesungen, Denkmäler, Tanzaufführungen und Kunstgalerien werden oft kostenlos besucht. Personen mit niedrigem Einkommen beteiligen sich weniger häufig an Kulturveranstaltungen, nehmen jedoch überdurchschnittlich oft an Gratisveranstaltungen teil. Ohne diese würden die Teilnahme am kulturellen Leben in Österreich halbiert und die Teilhabe in der Bevölkerung insgesamt würde von 81% auf 75% sinken, im untersten Einkommensdrittel sogar von 74% auf 65%.

Veränderung der kulturellen Beteiligung seit der Corona-Pandemie

41% aller Menschen sagen, sie hätten derzeit zu viele andere Sorgen, um sich für Kunst und Kultur zu interessieren, ca. genauso viele (39%) geben an, dass ihnen Kunst und Kultur in den letzten Jahren immer unwichtiger geworden sei. Die Hälfte aller Befragten war in mindestens einer von zwölf Sparten seltener zu Besuch als noch 2019. Jedoch geben 37% an, in mindestens einer Sparte öfter Kulturveranstaltungen besucht zu haben als im Jahr 2019. Die Veränderungen in der Besuchsfrequenz sind jedoch von Sparte zu Sparte unterschiedlich. Dennoch kann die Befürchtung, dass sich das Kulturpublikum im Laufe der Corona-Pandemie mehrheitlich zurückgezogen hat („50 Prozent ist das neue Ausverkauft“), nicht bestätigt werden, weder insgesamt noch für einzelne Sparten wie z.B. das Theater.

Unterschiedliche Entwicklungen nach Alter und sozialer Lage

Die Teilnahme an Kulturveranstaltungen im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie ist vor allem unter Älteren und Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss bzw. Einkommen zurückgegangen oder wurde ganz eingestellt. Als Gründe dafür führen die Betroffenen vor allem die Notwendigkeit zu sparen an, aber auch fehlendes Interesse, Zeitmangel, neue Hobbies, sowie die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19. Hingegen haben vor allem jüngere Menschen bis 34 ihre Besuche erhöht oder aber waren zum ersten Mal im Publikum. Diese zunehmende kulturelle Beteiligung geht vor allem auf jüngere Menschen mit hohen, zumeist akademischen Bildungsabschlüssen zurück.

Foto: Donald Ton; pexels.com