7 von 10 haben nie gedacht, auf Unterstützung angewiesen zu sein
Im Rahmen der Klient:innenbefragung zeigt sich, dass kaum jemand damit rechnet Unterstützung zu brauchen: 72% der befragten Klient:innen geben an nicht daran gedacht zu haben jemals auf eine Hilfsorganisation angewiesen zu sein. Ältere Personen ab 55 Jahren waren eher davon überzeugt nicht auf fremde Hilfe angewiesen zu sein (87%) im Vergleich zu den beiden jüngeren Altersgruppen (bis 35 Jahre: 66%; 36 bis 54 Jahre: 71%). Ihre derzeitige Notlage wird dabei von mehr als der Hälfte der Befragten (55%) als langfristig eingeschätzt.
Steigende Kosten: 96% müssen sich im Alltag einschränken
Die Teuerung ist in der breiten Bevölkerung angekommen und trifft besonders armutsgefährdete Gruppen. Dies ist ersichtlich, da diese Personen nicht nur bei Ausgaben im Bereich der Freizeit sparen müssen, sondern auch bei Lebenserhaltungskosten. 96 % der Klient:innen stimmen der Aussage, dass sie sich aufgrund der Teuerungen im Alltag bei z.B. dem Lebensmitteleinkauf einschränken müssen, sehr oder ziemlich zu. 9 von 10 Personen (92%) schränken sich in den Bereichen Strom, Heizung und Treibstoff ein, um finanziell über die Runden zu kommen und 83 % sind aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage ihre Wohnung/Haus ausreichend warm zu halten. Weiters sind für 9 von 10 Personen unerwartete Ausgaben wie beispielsweise die Reparatur einer Waschmaschine ein großes Problem (92% stimmen sehr und ziemlich zu) und 91 % der befragten Klient:innen sehen sich dazu gezwungen Abstriche bei ihren Ausgaben für Urlaub, Freizeit und Kultur zu machen
Lebenszufriedenheit bei 7 von 10 Klient:innen verschlechtert
Der Blick auf die subjektiv empfundenen Veränderungen in den vergangenen 12 Monaten zeigt, dass sich die finanzielle Situation für 8 von 10 Befragten und die allgemeine Lebenszufriedenheit bei 7 von 10 Befragten verschlechtert hat. Negative Veränderungen im letzten Jahr verorten 62% der Befragten bei ihrer psychischen und 57% im Kontext ihrer körperlichen Gesundheit. Die Beziehungen zu Freunden und Familie bleiben verhältnismäßig stabil, wobei sich für 42% der Befragten die Situation nicht verändert hat und 13% angeben, dass sie sich verbessert hat.
8 von 10 äußern Unterstützungsbedarf – vor allem im Wohnkontext
Damit sich die Lebenssituation positiv verändern kann, verorten 8 von 10 der Befragten sehr bzw. eher großen Unterstützungsbedarf in Bezug auf finanzielle Leistungen im Allgemeinen und fast drei Viertel im Kontext des leistbaren Wohnens. Je fast der Hälfte der befragten Klient:innen wünscht sich sehr oder eher Unterstützung in Bezug zu ihrer körperlichen (49%) oder psychischen (47%) Gesundheit und 42% haben einen (eher) großen Unterstützungsbedarf in Bezug auf rechtliche Sachverhalte. Weniger Unterstützungsbedarf verorten die Befragten im Kontext der Betreuung von Kindern (27%), pflegebedürftigen Menschen (19%) und Konflikten in der Familie (16%).
Unterstützung bei Wohnkosten am hilfreichsten eingeschätzt
Bei der Frage, welche politischen Maßnahmen das eigene Leben dabei sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht verbessern würden, wünschen sich die befragten Klient:innen mehrheitlich einen Zuschuss zu Wohn- und Energiekosten (86% sehr oder ziemlich verbessern) und eine Anhebung von Sozialleistungen (79%) bzw. niedrigen Arbeitseinkommen (78%), sodass man von diesen leben kann. Ein weiterer zentraler Aspekt, bei dem die Befragten Verbesserungspotenzial sehen ist die vereinfachte Beantragung von Sozialleistungen. Es geben 78 % an, dass dies ihr Leben sehr oder ziemlich verbessern würde.
Von der Politik alleingelassen
Weiters fürchten die Klient:innen der Caritas Sozialberatung, als auch die österreichische Bevölkerung, um den sozialen Zusammenhalt. Es herrscht Besorgnis darüber, dass bei einer unzureichenden Bekämpfung der Teuerung durch die Politik der soziale Zusammenhalt in Österreich dauerhaft geschwächt wird (90% Klient:innenbefragung, 84% österreichische Bevölkerung). Auch in Bezug auf die geforderten politischen Maßnahmen herrscht Einigkeit zwischen den Klient:innen und der österreichischen Bevölkerung: So fordern 94% der Klient:innen und 83% der Bevölkerung eine dauerhafte Erhöhung der Sozialleistungen generell. 91% der Klient:innen und 81% der Bevölkerung fordern zudem eine dauerhafte Erhöhung der Sozialhilfe/Mindestsicherung.
- Präsentationsfolien zum Download
Im Jahr 2021 waren in Österreich laut EU-SILC in etwa 1,5 Millionen Menschen (17,3% der Bevölkerung) armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Von diesen 1,5 Millionen Menschen waren rund 1,3 Millionen armutsgefährdet (60% des Median-Einkommens; 14,7%), Im europäischen Vergleich liegt Österreich damit im besten Drittel und deutlich unter dem EU-27-Durchschnitt . Aufgrund der Corona Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und steigender Inflation wächst jedoch einerseits der Anteil armutsgefährdeter Menschen in Österreich und andererseits verschärft sich die Situation für jene, die schon davor von Armut betroffen waren. Um Armutsbetroffenen eine Stimme zu geben und ihre Lebenssituation zu untersuchen, hat SORA im Auftrag der Caritas Österreich eine Befragung unter Klient:innen der Sozialberatung durchgeführt. Insgesamt wurden zwischen Dezember 2022 und März 2023 407 Menschen befragt (davon n=100 telefonisch und n=307 online).