Wir heißen seit Dezember 2023
×

Die Seite www.foresight.at ist gerade im Aufbau. Diese Seite (sora.at) wird nicht mehr gewartet und im März 2024 vom Netz genommen.

News

„So kann es nicht weitergehen!“

Projekte

Ö3-Umfrage zum Leben der 16- bis 25-Jährigen nach Jahren der Dauerkrise

Coronakrise, Wirtschaftskrise, Regierungskrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise – und plötzlich rückt auch noch der Krieg ganz nah. Was machen die Krisen der vergangenen Jahre mit der jungen Generation? Und was macht sie draus? Ist die Generation Z in den Jahren ihres Erwachsenwerdens tatsächlich zur „Generation Krise“ geworden?
Hitradio Ö3 hat dazu am 10. März eine Umfrage gestartet: 44 Fragen in einem interaktiven Erhebungstool auf der Ö3-Homepage waren die Grundlage für einen mehrwöchigen Programmschwerpunkt und ermöglichen nun Einblicke in das Innenleben einer geforderten Generation. Unterstützt wird das Projekt von ORF Public Value, wissenschaftlich begleitet von SORA.

Der Krieg – ein Schock aus der Vergangenheit

Die derzeit mit deutlichem Abstand größte Sorge der jungen Menschen ist der Krieg (84%) – ein Thema, das wir in Europa eigentlich abgehakt hatten, ist zurück auf der Agenda. Der Krieg geht den jungen Menschen nahe, weil sie aus einer transnationalen und empathischen Perspektive darauf blicken: Drei Viertel sind davon überzeugt, dass dieser Krieg auch unser Problem ist und dass wir verpflichtet sind zu helfen. Für die jungen Menschen ist außerdem klar, dass derartige Krisen nur gemeinsam – in Europa bzw. weltweit – gelöst werden können (81%). Österreich sehen sie dabei stärker in einer Vermittlungsrolle und weniger als Teil einer militärischen Organisation: 20% sprechen sich für eine EU-Armee mit österreichischer Beteiligung aus, für doppelt so viele junge Menschen (43%) steht die Neutralität im Vordergrund, die einer solchen Beteiligung entgegen steht. Für den hypothetischen Fall eines Krieges in Österreich wären 44% der jungen Menschen bereit, zu kämpfen – etwas mehr als die Hälfte der jungen Männer und ein Drittel der jungen Frauen.

Die Pandemie – erschüttert das Vertrauen in die Zukunft

Zwei Jahre und kein Ende absehbar – die Pandemie bereitet den jungen Menschen nach wie vor Sorgen (56%) und hat das Vertrauen in die Zukunft untergraben. Machten den jungen Menschen letztes Jahr aber vor allem die fehlenden sozialen Kontakte zu schaffen, stehen inzwischen die mittel- und langfristigen Folgen im Vordergrund: Die überwiegende Mehrzahl geht davon aus, dass die Qualität ihrer Ausbildung während der Pandemie gelitten hat und dass ihnen dies nachhaltig schaden wird (69%). Der Blick in die Zukunft ist außerdem getrübt durch die weit verbreitete Befürchtung, vom Rest der Gesellschaft mit den Folgen der Pandemie allein gelassen zu werden (72%). Im Jahresvergleich vertieft hat sich wiederum der Eindruck, während der Pandemie von der Politik nicht gehört worden zu sein (2021: 74%, 2022: 80%).  

Die großen Zukunftsthemen – werden ständig verdrängt

Ob Klimawandel, zunehmende ökonomische Ungleichheit oder Pflege – die jungen Menschen stellen Politik und Gesellschaft kein gutes Zeugnis aus: Zwischen drei Viertel und vier Fünftel von ihnen prangern große Versäumnisse bei diesen Zukunftsthemen an. Der Politik werfen die jungen Menschen vor, schon viel zu lange den Kopf in den Sand zu stecken und wenn, kurzsichtig oder populistisch zu handeln (88%). Jedoch ist nicht nur die Politik am Zug: Bei der Bekämpfung der Ursachen und Folgen des Klimawandels sehen die jungen Menschen beispielsweise die Politik (69%), die Wirtschaft (71%) und die Gesellschaft mit ihrem Lebensstil (71%) gleichermaßen gefordert. Die Botschaft ist klar: Die großen Zukunftsthemen müssen dringend zurück auf die Tagesordnung.  

Geschlechterklischees – weg damit & her mit Gleichberechtigung und Vielfalt

Ebenfalls Nachholbedarf sehen die jungen Menschen bei der Gleichberechtigung von Frauen und Männern – für insgesamt 59% (und für 75% der jungen Frauen) sind wir von einer solchen in Österreich noch weit entfernt. Geschlecht bzw. Gender denken die jungen Menschen außerdem vielfältiger: Für nahezu neun von zehn (88%) ist die Zeit von Rollenklischees vorbei und es geht vielmehr darum, selbst und frei zu definieren, was für eine:n passt. Diese Vorstellung von Vielfalt ist für die jungen Menschen kein Lippenbekenntnis – drei Viertel von ihnen stehen z.B. hinter den ausgeweiteten Optionen beim Geschlechtseintrag.
Im Gegensatz dazu hinkt der Gesetzgeber bei einer weiteren politischen Forderung der jungen Menschen hinterher. Für rund drei Viertel – 79% der jungen Frauen und 67% der jungen Männer – ist die Sache mit den ungefragten Dickpicks nämlich klar: Das ist sexuelle Belästigung und sollte – wie in Deutschland – strafbar sein.

Dauerbaustelle – nicht einmal eine:r von zehn fühlt sich von der Politik gut vertreten

Das Nicht-Gehört-Werden während der Pandemie oder das beständige Aufschieben wichtiger Zukunftsthemen: Das Verhältnis der jungen Menschen zur Politik ist offensichtlich angespannt. Tatsächlich fühlen sich derzeit nur 6% von der Politik gut vertreten. Im Gegensatz dazu ist mehr als ein Drittel davon überzeugt, dass die Politik sich überhaupt nicht für sie interessiert – in dieser Gruppe finden wir besonders viele Lehrlinge und junge Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen. Noch ist die Tür jedoch nicht ganz zugefallen: Die Mehrzahl der jungen Menschen (knapp 60%) bescheinigt ihrem Verhältnis zur Politik den Status kompliziert, mit Luft nach oben. Es gibt also einiges aufzuholen – die jungen Menschen sind bereit.

Generation Dauerkrise oder Generation Aufbruch? Eine Frage der Rahmenbedingungen

Die krisenhaften Entwicklungen der letzten Jahre haben bei vielen jungen Menschen Spuren hinterlassen. Auch in der vorliegenden Ö3-Studie berichtet fast die Hälfte, dass es ihnen psychisch (eher) schlecht geht. Dementsprechend geteilt ist ihr Blick auf die eigene Generation: 53% sehen sich als Generation Dauerkrise – taumelnd von einem Ausnahmezustand zum nächsten; 46% sehen sich als Generation Aufbruch – eine Generation, die die Welt neu denkt. Diese zweite, gestalterische Perspektive ist eng mit verfügbaren Ressourcen verbunden: Junge Menschen ohne finanzielle Sorgen, mit universitären Ausbildungen, bei guter psychischer Gesundheit und mit für sie wahrnehmbarer gesellschaftlicher Unterstützung vertreten sie besonders häufig.

Die große Sehnsucht – weniger Sorgen und mehr Leben

Inmitten alter und neuer Krisen sowie der Notwendigkeit und Bereitschaft, diese gemeinsam zu lösen, spricht aus der Generation Z abschließend auch eine tiefe Sehnsucht: Sich wieder einmal weniger Sorgen machen zu müssen und das Leben etwas mehr genießen zu können. Einfach „jung sein“ zu können – mit allem, was dazugehört!

Methode & Facts zur Umfrage

„Generation… Krise!?“ ist die dritte große Jugendstudie von Ö3, unterstützt von ORF Public Value und wissenschaftlich begleitet von SORA. Speziell die 16- bis 25-Jährigen wurden eingeladen, 44 Fragen quer durch alle Lebensbereiche zu beantworten, zu diskutieren und so ein aktuelles Bild ihrer Generation zu zeichnen. Datengrundlage von „Generation… Krise!?“ ist eine Online- Befragung: Zwischen dem 10. März und dem 3. April haben insgesamt rund 24.000 junge Menschen an der Befragung teilgenommen. Für die Studie ausgewertet wurde die Zielgruppe der 16- bis 25-Jährigen, die zumindest 90% der Fragen beantwortet haben.