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3 von 10 jungen Menschen empfinden Demokratie als schwach

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Sonderauswertung des Demokratie Monitors im Auftrag des Parlaments

Knapp die Hälfte ist von Auswirkungen auf psychische Gesundheit betroffen

Mit zunehmender Dauer der Pandemie sind immer mehr junge Menschen von ihren Folgen betroffen: Inzwischen berichtet beinahe die Hälfte der 16- bis 26-Jährigen eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit, bei vier von zehn hat sich die finanzielle Lage zugespitzt. Im Gegensatz zu 2020 betrifft die Verschlechterung der psychischen Gesundheit nun auch vermehrt ökonomisch gut abgesicherte junge Menschen. Entlang der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen hat ihre Resilienz erst mit zunehmender Dauer der Pandemie abgenommen, während sich die psychische Gesundheit ihre AlterskollegInnen in prekären Lagen bereits in den ersten Pandemiemonaten verschlechtert hat.

3 von 10 empfinden Österreichs Demokratie eher als schwach

Im Vergleich zum Vorjahr ist das Vertrauen in das politische System gesunken. So denken beispielsweise drei von zehn jungen Menschen, dass die Demokratie in Österreich eher schwach sei.
Auf das Systemvertrauen drückt dabei zum einen die Pandemie: Jene jungen Menschen, die von den finanziellen oder psychischen Folgen der Pandemie betroffenen sind, zweifeln in besonders hohem Ausmaß an der Stärke unserer Demokratie und haben Vertrauen in das Parlament verloren. Für die Mehrzahl der 16- bis 26-Jährigen gilt wiederum, dass sie ihre Lebenssituation bei der Bekämpfung der Pandemie nicht berücksichtigt sehen. Auch diese mangelnde politische Repräsentation steht in engem Zusammenhang mit einem geringeren Vertrauen in unsere Demokratie.
Zum anderen spielen in Hinblick auf das gesunkene Systemvertrauen aktuelle politische Ereignisse eine Rolle. Nun hat die erste Erhebung noch vor Zuspitzung der „Inseraten-Affäre“ stattgefunden. Dennoch war bereits zu diesem Zeitpunkt die Mehrzahl der jungen Menschen davon überzeugt, dass Korruption ein großes Problem der österreichischen Politik sei. Eben diese jungen Menschen zweifeln dann auch an der Stärke unserer Demokratie und haben ein geringeres Vertrauen in das Parlament. In der Follow-up Befragung sind sich die jungen Menschen nahezu geschlossen (neun von zehn) darüber einig, dass die Politik in Österreich ein Korruptionsproblem hat. Daran anschließend ist auch das Systemvertrauen weiter gesunken: Derzeit vertraut nur mehr rund ein Drittel der 16- bis 26-Jährigen dem Parlament.

Ökonomische Unsicherheit drückt auf das Vertrauen

Im Gegensatz zu diesen anlassbezogenen Gründen für sinkendes Systemvertrauen schwächt ökonomische Unsicherheit langfristig das Vertrauen in das politische System: Über alle vier Erhebungsjahre hinweg vertrauen die jungen Menschen in finanziell prekärer Lage unserer Demokratie in geringerem Ausmaß als ihre ressourcenstärkeren AlterskollegInnen.

Social Media zum zweiten Jahr in Folge Bezugsquelle Nummer 1 für politische Informationen

In Hinblick auf das Mediennutzungsverhalten der jungen Menschen hat sich ein seit 2018 zu beobachtender Trend verfestigt: Social Media ist die Quelle Nummer eins für den Bezug von politischen Informationen, gefolgt von Print- und Online-Zeitungen. Hervor sticht Instagram – Jahr für Jahr nutzen mehr junge Menschen die Bilder- und Kurzvideo-Plattform, um sich über Politik zu informieren. Seit 2020 ist Instagram unter dein 16- bis 26-Jährigen auch die wichtigste Social Media-Bezugsquellen für politische Informationen.

Gestiegenes Interesse an Politik

Die politisch und gesellschaftlich ereignisreichen letzten drei Jahre („Ibiza-Affäre“, Pandemie, „Inseraten-Affäre) haben dazu beigetragen, dass Politik immer mehr junge Menschen beschäftigt. Dementsprechend ging der Anteil jener 16- bis 26-Jährigen, die sich nie über politische Themen informieren oder die in ihrem Umfeld nie über Politik diskutieren, auch kontinuierlich zurück. Die jungen Menschen beschäftigt dabei eine Vielzahl an politischen Themen, ihre dringendsten Anliegen sind die Pandemie, der Klimawandel und ökonomische Sicherheit. Jedoch hat mehr als die Hälfte der 16- bis 26-Jährigen den Eindruck, dass ihre Anliegen sich nicht in den politischen Entscheidungen widerspiegeln. Noch einmal deutlich mehr junge Menschen mit geringen ökonomischen Ressourcen haben das Gefühl, von der Politik nicht gehört zu werden.

Ein Fünftel ist trotz Pandemie ehrenamtlich tätig

Die politische und zivilgesellschaftliche Beteiligung der jungen Menschen hat sich im Jahresvergleich nicht verändert: Nach wie vor nehmen sie allen voran an Wahlen teil und sind in ihrem direkten Umfeld aktiv. Einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leistet die junge Generation auch durch Freiwilligenarbeit: Trotz Pandemie ist derzeit ein Fünftel von ihnen ehrenamtlich tätig, vor allem in Blaulichtorganisationen und im Kultur- sowie Sozialbereich.

Partizipationsgap in schulischer politischer Bildung und Kontakt zu Institutionen

Beim Kontakt mit demokratischen Institutionen fällt über die Jahre hinweg ein Partizipations-Gap auf: Im Vergleich mit ihren ressourcenstärkeren AlterskollegInnen haben die 16- bis 26-Jährigen mit geringen ökonomischen Ressourcen seltener die Möglichkeit, das Parlament zu besuchen oder mit PolitikerInnen zu sprechen. Für diese jungen Menschen ist das politische System also deutlich schwerer erreichbar.
Ein ähnlicher Partizipations-Gap betrifft die schulische politisch Bildung, wobei dieser Spalt infolge der Pandemie weiter aufgegangen ist: Noch einmal häufiger als in den Vorjahren berichten die jungen Menschen in prekärer finanzieller Lage heuer davon, in der Schule zu wenig über ihre Rechte und über Beteiligungsmöglichkeiten gelernt zu haben. Fällt – wie im Zuge der Pandemie – Schule als Ort für politische Bildung aus, trifft das also wiederum vor allem jene, die bereits weniger Ressourcen zur Verfügung haben und deren Zugang zum politischen System dadurch bereits erschwert ist. Dies verweist abschließend darauf, dass die Pandemie auch bei den jungen Menschen bestehende Ungleichheiten nicht nur fortsetzt, sondern weiter verstärkt.

Auch dieses Jahr berichtet die Sonderauswertung des Demokratie Monitors für das Österreichische Parlament darüber, wie es jungen Menschen mit dem politischen System in Österreich geht und wo bzw. in welchem Ausmaß sie mit Demokratie in Berührung kommen. Mit der inzwischen vierten Befragung können außerdem Entwicklungen über die Zeit eingeschätzt werden. Im Rahmen der heurigen Erhebung wurden vom 13. August bis 5. Oktober 300 16- bis 26-Jährige mittels Telefon- und Online-Interviews befragt. Um die Auswirkungen der Inseraten-Affäre und der sich wieder zugespitzten Pandemie auf das Systemvertrauen einschätzen zu können, wurden vom 22. November bis 3. Dezember 100 dieser Befragten noch einmal kurz interviewt.