Landtags- und Gemeinderatswahl Wien
vom 11. Oktober 2020

Die ORF/SORA/ISA Wahltagsbefragung beruht auf telefonischen und online-Interviews unter 2.074 Wahlberechtigten, die zwischen 7. und 10. Oktober durchgeführt wurden.

Wahlverhalten

Unterschiede nach Alter und Geschlecht

Bei der Gemeinderatswahl 2020 wählten Frauen überdurchschnittlich oft die Grünen und die SPÖ, Männer hingegen die FPÖ. Bei den anderen Parteien hielt sich das Stimmverhalten die Waage.
Nach dem Alter konnten SPÖ und ÖVP bei älteren WählerInnen punkten, gemeinsam kamen sie hier auf über drei Viertel der Stimmen. Bei den unter 30-Jährigen erreichten die Grünen 27 Prozent. Die NEOS wurden etwas häufiger von Personen unter 44 Jahre gewählt, bei der FPÖ gab es nur geringe Abweichungen.
Noch ausgeprägter sind die Unterschiede nach Alter und Geschlecht. Junge Frauen wählten zu 36 Prozent die Grünen, ältere Frauen nur zu 5 Prozent. Bei der SPÖ gab es unter den Personen ab 60 hingegen kaum Geschlechterunterschiede. Die FPÖ gewann in allen Altersgruppen deutlich mehr Stimmen von Männern.

Wahlverhalten nach Erwerbsstatus

Unter ArbeiterInnen war bei dieser Wahl die SPÖ mit 37 Prozent stärkste Partei, gefolgt von der FPÖ mit 26 Prozent. Die Liste HC erreichte hier mit 19 Prozent ihr stärkstes Ergebnis. In der deutlich größeren Gruppe der Angestellten kam die SPÖ ebenfalls auf 37 Prozent, dahinter lagen die ÖVP mit 19 Prozent und die Grünen mit 18 Prozent. Die NEOS waren bei Selbständigen mit 13 Prozent stärker, dort war die ÖVP die stärkste Partei mit 30 Prozent. Öffentlich Bedienstete wählten mehrheitlich die SPÖ, auch unter PensionistInnen erreichte die Partei eine absolute Mehrheit.

Wahlverhalten nach formaler Bildung

Die Unterscheidung nach formaler Bildung zeigt, dass die SPÖ bei Personen mit Pflichtschul-, Lehr oder BMS-Abschluss am besten abschnitt, sie kam hier jeweils an die 50-Prozent-Marke heran. Die FPÖ war bei Personen mit Pflichtschul- und Lehrabschluss stärker als sonst, die ÖVP bei WählerInnen mit Matura. Unter Personen mit Hochschulabschluss kamen die Grünen auf 25 Prozent.

Unterschiede nach Wahrnehmung der Lebensqualität in Wien

Der größte Unterschied im Wahlverhalten zeigt sich bei dieser Wahl in Abhängigkeit davon, wie die Befragten die Entwicklung der Lebensqualität in Wien einschätzen:
Unter jenen, die eine sinkende Lebensqualität sehen, wählten 28 Prozent FPÖ (27 Prozent ÖVP und 17 Prozent SPÖ). – Unter Personen, die eine weiterhin hohe Lebensqualität sehen, liegt die FPÖ mit 3 Prozent hingegen hinter SPÖ (48 Prozent), Grünen (18 Prozent), ÖVP (16 Prozent) und NEOS (9 Prozent) auf dem letzten Platz.

Wahlmotive und Themen

Wien ist eine sehr lebenswerte Stadt, finden rund drei Viertel der Wahlberechtigten (74 Prozent). – Im Vergleich zu 2015 ist dies ein Anstieg von 10 Prozentpunkten. Dass Wien stark abgewirtschaftet und viel an Lebensqualität verloren hat, denken aktuell 23 Prozent der Wahlberechtigten, allen voran FPÖ-WählerInnen (74 Prozent), jedoch auch Wahlberechtigte, deren Einkommen nicht ausreicht (45 Prozent) und überdurchschnittlich viele ÖVP-WählerInnen (29 Prozent). Hingegen sehen die WählerInnen von SPÖ (91 Prozent), den Grünen (97 Prozent) und den NEOS (90 Prozent) Wien als sehr lebenswerte Stadt.

Eine Mehrheit ist mit der Corona-Politik der Stadtregierung zufrieden  

16 Prozent der Wahlberechtigten sind sehr, 44 Prozent ziemlich zufrieden damit, wie die Stadtregierung mit der Corona-Pandemie umgeht. 26 Prozent äußern hingegen wenig und 11 Prozent gar keine Zufriedenheit in dieser Hinsicht. Besonders hoch ist die Zufriedenheit unter den WählerInnen der SPÖ (86 Prozent) und der Grünen (91 Prozent), geringer ist sie unter den NEOS-WählerInnen (48 Prozent) und ÖVP-WählerInnen (40 Prozent). Die überwiegende Mehrheit der FPÖ-WählerInnen ist mit der Corona-Politik der Wiener Stadtregierung wenig oder gar nicht zufrieden (82 Prozent).

Die Corona-Politik der Bundesregierung bekommt von den Wiener Wahlberechtigten ein etwas weniger gutes Zeugnis ausgestellt: Insgesamt 54 Prozent sind mit dieser sehr bzw. ziemlich zufrieden. Eine besonders hohe Zufriedenheit äußern ÖVP-WählerInnen (90 Prozent, davon 38 Prozent sehr zufrieden). Für FPÖ-WählerInnen gilt das Gegenteil: Nur 20 Prozent von ihnen sind sehr oder ziemlich zufrieden. Wenige Grün-WählerInnen (7 Prozent) sind sehr, mehr als die Hälfte (56 Prozent) jedoch ziemlich zufrieden mit dem Corona-Management der Bundespolitik.

Corona, Arbeitsplätze und Wirtschaft haben die Wahlberechtigten am meisten beschäftigt

Das unter den Wahlberechtigten allgemein am häufigsten diskutierte Thema war die Corona-Pandemie: Während des Wahlkampfes diskutierten 46 Prozent sehr häufig darüber, gefolgt von Arbeitsplätzen und Wirtschaft (31 Prozent).
Für die WählerInnen der einzelnen Parteien waren darüber hinaus Arbeitsplätze und Wirtschaft (SPÖ, ÖVP), Bildung (NEOS), Zuwanderung (FPÖ) sowie Klima und Umweltschutz (Grüne) wichtige Themen.

Mit der Corona-Pandemie bzw. dem Thema Arbeitsplätze und Wirtschaft hängen auch die Sorgen der Wahlberechtigten zusammen: Am meisten Sorge im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bereitet den Wahlberechtigten, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht (85 Prozent sehr bzw. ziemlich besorgt). Einzig unter den ÖVP-WählerInnen ist weniger als die Hälfte diesbezüglich besorgt (47 Prozent).
Ihre eigene finanzielle Situation bereitet 38 Prozent  der Wahlberechtigten sehr bzw. ziemlich große Sorgen, unter den FPÖ-Wähler ist dieser Anteil deutlich höher (57 Prozent).

SPÖ: Top-Themen Corona, Arbeitsplätze und Wirtschaft, Gesundheitsversorgung

Die Top-3-Themen im Wahlkampf waren für SPÖ-WählerInnen die Corona-Pandemie (42 Prozent sehr häufig diskutiert), Arbeitsplätze und Wirtschaft (32 Prozent) sowie die Gesundheitsversorgung (32 Prozent).
Als ihren Hauptgrund dafür, diese Partei zu wählen,  nannten die SPÖ-WählerInnen allen voran den Spitzenkandidaten (20 Prozent), die inhaltlichen Standpunkte und die bisherige Arbeit der Partei (je 18 Prozent).

FPÖ: Top-Themen Zuwanderung und Integration, Sicherheit und Corona

FPÖ-WählerInnen haben mit deutlichem Abstand am häufigsten über Zuwanderung und Integration (73 Prozent) und Sicherheit bzw. Kriminalität (60 Prozent) diskutiert, gefolgt von der Corona-Pandemie (51 Prozent).
Für FPÖ-WählerInnen standen bei dieser Wahl die inhaltlichen Standpunkte der Partei im Vordergrund (für 21 Prozent das Haupt-Wahlmotiv). 11 Prozent nannten als wichtigstes Motiv den Spitzenkandidaten. 8 Prozent sagen, dass die FPÖ die beste Partei für die Zukunft der Stadt Wien sei.

Grüne mit Kernthemen Umwelt/Klima, Verkehr und Bildung

Im Wahlkampf diskutierten 66 Prozent „sehr häufig“ über Umwelt- und Klimaschutz sowie 37 Prozent über Verkehr und 36 Prozent über Bildung und Schulen sowie „Corona“.  
Die Inhaltlichen Standpunkte der Partei sind für die Grün-WählerInnen der Hauptgrund, dieser Partei ihre Stimme zu geben (44 Prozent). Für 11 Prozent war die bisherige Arbeit der Partei, für 8 Prozent ihre Glaubwürdigkeit das zentrale Wahlmotiv.

ÖVP: Top-Themen Corona, Arbeitsplätze und Wirtschaft, Zuwanderung

Am meisten diskutiert haben ÖVP-WählerInnen im Wahlkampf über Corona (47 Prozent), Arbeitsplätze und Wirtschaft (33 Prozent) sowie Zuwanderung und Integration (31 Prozent).
Gefragt nach dem Hauptgrund für ihre Wahlentscheidung geben 26 Prozent der ÖVP-WählerInnen die inhaltlichen Standpunkte der Partei an, 10 Prozent nennen den Spitzenkandidaten als zentrales Wahlmotiv und 9 Prozent die bisherige Arbeit der Partei.

NEOS mit Corona, Bildung und Wirtschaft

Top-Themen für NEOS-WählerInnen waren die Corona-Krise (40 Prozent), Bildung und Schulen (35 Prozent) sowie Arbeitsplätze und Wirtschaft (30 Prozent).
Die inhaltlichen Standpunkte waren für 30 Prozent der NEOS-WählerInnen der Hauptgrund, ihre Partei zu wählen, 12 Prozent wollen die NEOS in der Stadtregierung sehen und für 10 Prozent war die Glaubwürdigkeit das Haupt-Wahlmotiv.

Koalitionspräferenzen

In der Wahltagsbefragung wurde auch gefragt, welche Parteien nach Meinung der Befragten in der nächsten Regierung vertreten sein sollten. 36 Prozent aller Wahlberechtigten wünschen sich eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition, 14 Prozent möchten, dass die SPÖ mit der ÖVP koaliert und 9 Prozent wünschen sich eine Koalition zwischen SPÖ und NEOS.

  • Unter den SPÖ-WählerInnen sprechen sich 54 Prozent für eine Fortsetzung der Koalition mit den Grünen aus, 12 Prozent möchten es mit der ÖVP versuchen und 10 Prozent mit den NEOS.
  • Die FPÖ-WählerInnen präferieren eine Koalition zwischen FPÖ und ÖVP (39 Prozent), 26 Prozent mit der SPÖ und 5 Prozent sprechen sich für eine ÖVP-FPÖ-NEOS Koalition aus.
  • Neben ihrer eigenen Partei wünschen sich die Grün-WählerInnen die SPÖ (83 Prozent) und erst weit dahinter die NEOS (4 Prozent) als Koalitionspartner.
  • Die ÖVP-WählerInnen sprechen sich vor allem für eine Koalition mit der SPÖ (46 Prozent) aus, 10 Prozent  wünschen sich eine türkis-pinke Koalition und 8 Prozent ein Bündnis mit der FPÖ.
  • Auch die NEOS-WählerInnen sehen am liebsten ihre Partei in einer Koalition mit der SPÖ (46 Prozent), gefolgt von einem rot-grün-pinken Dreierbündnis (12 Prozent). Neun Prozent befürworten eine Koalition mit der ÖVP.