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Gemeinderatswahl Wien 2010

Die WienerInnen haben gewählt. SORA analysierte die Gemeinderatswahl auf Basis der Daten der Wählerstromanalyse sowie der ISA/SORA Wahltagsbefragung unter mehr als 2.000 Wahlberechtigten.

  • SPÖ verliert absolute Mehrheit, 45.000 Stimmen gehen an FPÖ
  • FPÖ-WählerInnen beklagen Verluste an Lebensqualität. Zugewinne unter Älteren, ArbeiterInnen, jungen Männern
  • ÖVP verliert bei Älteren, 20.000 Stimmen gehen an FPÖ
  • Grüne stark unter JungwählerInnen, 24.000 Stimmen gehen an SPÖ verloren

Wahlkartenrekord

Auch bei der Wiener Gemeinderatswahl war 2010 erstmals die Briefwahl möglich. Die per Post übermittelten Wahlkarten werden nicht bereits am Wahltag, sondern erst bis 18. Oktober ausgezählt. Insgesamt wurden 162.039 Wahlkarten ausgestellt, das entspricht 12,9% der Wahlberechtigten - mehr als je zuvor in Österreich.

Wahlanalyse im Detail

SPÖ in allen sozialen Schichten stark, Verluste unter 30-60-Jährigen und ArbeiterInnen

Die SPÖ wurde bei dieser Wahl von allen Bildungsschichten, auch von AkademikerInnen gewählt. Unterdurchschnittlich schnitt die SPÖ unter Männern ab. Nach Altersgruppen war sie bei Jugendlichen (16-20-Jährige) stärker als bei jungen Erwachsenen. Personen mit Migrationshintergrund wählten zu 55% SPÖ. Auch im Gemeindebau konnte die SPÖ überdurchschnittlich abschneiden. Unterdurchschnittlich blieb die Partei bei Angestellten, trotz Zugewinnen in dieser Berufsgruppe. Verluste erlitt die SPÖ vor allem bei Männern zwischen 30 und 60 sowie unter ArbeiterInnen.

Das stärkste Motiv der SPÖ-WählerInnen für ihre Entscheidung war der Wunsch, dass Michael Häupl Bürgermeister bleiben soll. Dahinter folgte die Meinung, die Partei habe bisher gute Arbeit in der Stadtregierung geleistet und die Hoffnung auf den Erhalt der absoluten Mehrheit. Wien in die richtige Richtung zu führen und die Interessensvertretung waren weitere Motive, die für mehr als die Hälfte der SPÖ-WählerInnen ein sehr wichtiger Entscheidungsgrund waren.

FPÖ diesmal bei Alten stark, unterdurchschnittlich bei JungwählerInnen

Spiegelverkehrt zur SPÖ konnte die FPÖ stärker Männer (28%) als Frauen (20%) mobilisieren. Anders als bei vergangenen Landtagswahlen war die Partei diesmal überdurchschnittlich stark bei den Älteren, unterdurchschnittlich hingegen bei JungwählerInnen. Ein deutlicher Unterschied zur Gesamtbevölkerung zeigt sich in der Beurteilung der Lebensqualität in Wien: 46 Prozent der FPÖ-WählerInnen waren der Meinung, dass Wien viel an Lebensqualität verloren habe, die WählerInnen der anderen Parteien sagten zu 80 bis 94 Prozent, dass Wien eine sehr lebenswerte Stadt sei. - Die Betroffenheit durch die Wirtschaftskrise – durch Jobverlust oder Kurzarbeit – hat bei der Wiener Gemeinderatswahl keine besondere Rolle gespielt.

Als wichtigstes Wahlmotiv zeigt die Analyse, dass FPÖ-WählerInnen mit ihrer Stimme die absolute Mehrheit der SPÖ brechen wollten. Fast ebenso viele wählten die Partei aber wegen ihres Auftretens gegen Zuwanderung. Dass die FPÖ auf die wichtigen Themen setze, die Interessen der WählerInnen vertrete und das Kontrollieren von Missständen waren zusätzliche Gründe für eine Stimme für diese Partei.

ÖVP verliert bei Älteren

Während die ÖVP nach Alter, Migrationshintergrund und Geschlecht in allen Gruppen gleichmäßig abschnitt, hatte sie deutliche Stärken traditionsgemäß unter Selbständigen und Angestellten. Verluste erlitt die Partei 2010 unter PensionistInnen. Zugewinne erzielte sie unter jungen Frauen mit Matura.

Wichtigstes Wahlmotiv für die ÖVP-WählerInnen war das Brechen der absoluten Mehrheit der SPÖ, gefolgt von der Interessensvertretung durch die Partei. Dass die ÖVP die besten Konzepte für die Wirtschaft habe, bezeichnete rund die Hälfte der deklarierten ÖVP-WählerInnen als sehr wichtiges Motiv, dahinter spielten das Setzen auf die wichtigen Themen und Tradition eine große Rolle.

Grüne sprechen Junge an

Die Grünen waren auch bei dieser Wahl unter den Jungen (unter 30-Jährigen) stark, unter älteren Personen hingegen deutlich schwächer. Hinsichtlich der Berufsgruppen konnte die Partei vor allem Selbständige, öffentlich Bedienstete und Angestellte für sich gewinnen. Wichtigste Wahlmotive für ihre WählerInnen waren der Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz, die Hoffnung, dass die Partei ein Gegenpol zur FPÖ in Wien sei, sowie die Interessensvertretung und der Einsatz für die wichtigen Themen.

Wahlkampfthemen

Schule und Bildung und Gesundheit und Spitäler waren für die WienerInnen die entscheidenden Themen im Wahlkampf, jeweils 63 Prozent bezeichneten sie als sehr wichtig. Ebenfalls eine große Rolle spielten Sicherheit, Umweltschutz, Pensionen und Familie. Die Zuwanderung war hingegen nur für rund 40 Prozent ein sehr wichtiges Thema.

JungwählerInnen: rot-grüne Mehrheit – soziale Schichtzugehörigkeit entscheidend

Während bei den 16- bis 20-Jährigen die SPÖ ähnlich stark ist wie in der Gesamtbevölkerung, schnitten die Grünen unter JungwählerInnen deutlich besser ab als im Rest der Wiener Wahlbevölkerung. ÖVP und FPÖ hingegen blieben bei den Jungen unterdurchschnittlich.

Wie die genauere Analyse zeigt, konnten die Grünen insbesondere SchülerInnen und StudentInnen für sich gewinnen. Bei erwerbstätigen jungen WienerInnen und bei jenen, deren Eltern keine Matura haben, erzielten Grüne wie auch ÖVP nur marginale Stimmenanteile. Die FPÖ wiederum schnitt in diesen Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich stark ab. (Mehr zum Wahlverhalten der Wiener Jugend finden Sie hier, PDF)

Gestiegene Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung bei der Gemeinderatswahl in Wien 2010 lag am Wahltag bei rund 57 Prozent, stieg aber mit den Wahlkarten noch auf 67,6 Prozent.

Die wichtigsten Motiven der NichtwählerInnen für ihr Fernbleiben von der Wahl waren ein wenig attraktives Angebot an KandidatInnen und Parteien, Enttäuschung über sonst gewählte Parteien und der Wunsch, einen Protest gegen die Politik und PolitikerInnen in Wien auszudrücken.

Unterdurchschnittlich war die Wahlbeteiligung unter anderem bei den bis 30jährigen und den PensionistInnenen, während Personen aus dem Gemeindebau deutlich mehr zur Wahl gingen.