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Den Weg nach der Hauptschule meistern

Projekte

Ergebnisse der 1. österreichischen Panelerhebung zu Ausbildungs- und Berufswegen von HauptschülerInnen

Wie weiter nach der Hauptschule? Für viele Jugendliche ist die Entscheidung schwierig. Welche weiterführende Schule kommt für mich in Frage, welchen Beruf möchte ich später ausüben? – Erstmals in Österreich führte SORA im Auftrag des Sozial- und des Bildungsministeriums eine Panelerhebung unter HauptschülerInnen durch. Die befragten SchülerInnen wurden über drei Jahre (2011-13) auf ihren Ausbildungs- und Berufswegen begleitet, um so eine differenzierte Wissensbasis für die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik zu schaffen.

Befragung von 4.000 Hauptschüler/-innen stand am Beginn der Studie

Rund 4.000 Hauptschüler/-innen der achten Schulstufe beteiligten sich in der ersten Befragungswelle des ABEP (Ausbildungs- und Berufseinstiegspanel) und wurden 2012 und 2013 erneut kontaktiert. Diese Erhebung im Zeitverlauf sollte klären, wie die Umsetzung von Ausbildungsplänen gelingt, wie die Übergangsphase erlebt wird und welche Ziele und Motive die Jugendlichen dabei verfolgen.

Vielfältige Wege nach der Hauptschule

Die größte Gruppe der Befragten ist nach der Hauptschule in eine höhere Schule übergetreten (46%). Etwas mehr als ein Drittel (36%) der Jugendlichen absolviert zwei Jahre nach der Hauptschule eine Lehrausbildung. 15% der Jugendlichen besuchen eine BMS. Insgesamt 2,6% der Jugendlichen gehen nun keiner Ausbildung mehr nach: ein kleiner Teil arbeitet bereits, die meisten gehen jedoch auch keiner Erwerbstätigkeit nach.
Insgesamt fast jede/r achte Jugendliche (13%) hat in den zwei Jahren nach der Hauptschule Ausbildungen oder Berufe vorzeitig abgebrochen. Mangelndes Interesse, eine falsche Schulwahl und schlechte Noten waren die häufigsten Gründe für Schulabbrüche, Probleme mit Vorgesetzten und schlechte Arbeitsbedingungen die häufigsten Gründe für Lehrabbrüche.

Drop-outs: schulische und außerschulische Risikofaktoren

Insgesamt 4% der ABEP-Kohorte waren in den zwei Jahren nach der Hauptschule zumindest kurze Zeit weder in Ausbildung noch erwerbstätig. Hier wirken diverse Faktoren: Eine schlechte schulische Leistung in der Hauptschule erhöht das Risiko von Drop-Outs ebenso wie ein niedriger Leistungsehrgeiz der Jugendlichen selbst. Besonders riskant wirken kritische Lebensereignisse wie z.B. der Verlust eines/-r nahen Angehörigen oder schwere Erkrankungen. Darüber hinaus stellen frühere Ausbildungsabbrüche oder -wechsel einen Risikofaktor dar. Migrationshintergrund hat sich hingegen nicht als erklärender Faktor erwiesen.

Pläne vs. Wirklichkeit: Jede/-r fünfte Jugendliche musste die Ausbildungspläne nach der Hauptschule revidieren

Jugendliche, die gegen Ende der Hauptschule geplant hatten, in eine BMS, BHS oder Polytechnische Schule überzutreten, haben diesen Plan häufiger realisiert als Jugendliche, die planten, in eine AHS oder eine duale Ausbildung überzutreten. Vor allem migrantische Jugendliche hatten damals öfters hohe Bildungsziele (Matura oder Studienabschluss), nur 68% konnten diese realisieren.
Eine nachträgliche Korrektur nicht geplanter Übertritte ist im österreichischen Schulsystem nur durch hohe Anstrengungen zu bewerkstelligen; rund ein Drittel der Jugendlichen, die nach dem ersten Jahr nochmals in eine andere Ausbildung wechseln wollten, scheitert daran.

Jugendliche mit Migrationshintergrund haben hohe Bildungsziele

Jugendliche mit Migrationshintergrund waren in ihren Bildungsaspirationen mindestens ebenso ehrgeizig wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund, vor allem weil ihnen der soziale Aufstieg wichtiger war und sie diesen häufiger an hohe Bildungsabschlüsse knüpfen. Die eigene Migrationserfahrung wird von Zuwandererfamilien häufig als Chance für einen sozialen Aufstieg gesehen. 59% der migrantischen Jugendlichen wollten nach der Hauptschule mindestens eine Matura absolvieren. Allerdings stehen ihnen die schlechteren schulischen Leistungen oftmals im Weg. Mehr als jede/r vierte (28%) migrantische Jugendliche mit hohen Plänen schaffte es nach der Hauptschule nicht in eine höhere Schule.

Unterstützungsbedarf vor allem am Ende der Hauptschule, unter Jugendlichen mit ausbildungslosen Phasen auch danach

Insgesamt 31% sagten in der Hauptschule, dass sie gerne mehr praktische Erfahrung gesammelt hätten, jeweils rund ein Viertel hätte sich mehr Wissen, wo man wichtige Berufsinformationen erhalten kann bzw. mehr Angebote zur Einschätzung der eigenen Interessen und Fähigkeiten gewünscht. Dieser Unterstützungsbedarf geht im Zeitverlauf deutlich zurück. Eine Ausnahme stellen Jugendliche in ausbildungslosen Phasen dar, die auch in den zwei Jahren danach zu mehr als 40% Unterstützungsbedarf meldeten.

Übergänge haben Auswirkungen auf die Persönlichkeit der Jugendlichen

Die ABEP-Ergebnisse zu Persönlichkeitsmerkmalen deuten auf die Relevanz der Persistenz bei Jugendlichen während der Übergangsphase hin: Frühe Unsicherheiten führen schneller zu Abbrüchen und Schulwechseln, während Jugendliche, die am Ende der Hauptschule ein hohes Maß an Sicherheit und Persistenz aufwiesen, ihre Pläne häufiger umsetzen konnten.
Jugendliche mit Schwierigkeiten im Übergang weisen ein geringeres Maß an Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit auf als Jugendliche, die ihren Plan auf direktem Weg und ohne ausbildungslose Phasen realisieren konnten. Die Ergebnisse legen damit nahe, dass es nicht nur altersbedingt zu einer Ausgestaltung von Persönlichkeitsmerkmalen kommt, sondern dass das Übergangsgeschehen selbst diese wesentlich mitgestaltet.

Weitere Ergebnisse:

Große Unterschiede bzgl. Ausbildungsplänen und Übertritten
Der elterliche Bildungshintergrund und die soziale Herkunft prägen die Schullaufbahn der Jugendlichen wesentlich mit. Je höher der Bildungshintergrund der Eltern, desto höher stehen die Chancen, dass das Kind nach der Hauptschule in eine höhere Schule übertritt; Kinder aus bildungsferneren Elternhäusern wechseln häufiger in eine Polytechnische Schule oder bereits direkt im Anschluss an die Hauptschule in eine Lehrausbildung (sofern sie die Schulpflicht erfüllt haben).

Jugendliche folgen ihren Interessen und Fähigkeiten
83% sagen, dass sie im Übergang ihren Interessen und Fähigkeiten gefolgt sind. In der Hauptschule waren den Jugendlichen besonders der Spaß am Beruf, ein sicherer Arbeitsplatz und das persönliche Interesse wichtig; in den folgenden Befragungen ist vor allem die Qualität des späteren Berufs wichtiger geworden (vor allem den Lehrlingen). Auffällig ist, dass schulische Formen der Berufsorientierung in der Bewertung der Jugendlichen erst im mittleren Feld oder noch weiter unten angesiedelt sind. Trotz der Fülle an Berufsorientierungsmaßnahmen in der Hauptschule räumen sie in der Frage, welche Faktoren ausschlaggebend gewesen seien für ihre Bildungs- und Berufsentscheidung, privaten Faktoren eine höhere Relevanz ein.

Leistungsehrgeiz, Lernfreude und Bildungsorientierung nehmen im Übergang zu, aber auch der Leistungsdruck
Leistungsehrgeiz und Lernfreude stehen im Zusammenhang mit intrinsischen sowie externen Faktoren: stellen die Jugendlichen hohe Anforderungen an sich selbst, weisen sie ein höheres Maß an Lernfreude sowie Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf; werden diese Ansprüche durch den schulischen Kontext nicht gewürdigt – etwa durch schlechte Noten – sinkt der Leistungsehrgeiz. Die schulischen Anforderungen nach der Hauptschule sind insgesamt gestiegen, v.a. in den höheren Schulen. Vor allem unter AHS-Schüler/-innen verschlechterte sich der Notendurchschnitt in allen drei Hauptgegenständen im ersten Jahr und dann nochmals vom ersten auf das zweite Jahr, Förder- und Nachhilfeunterricht werden häufiger beansprucht.

Mehrheit der Jugendlichen blickt optimistisch in die Zukunft
Lediglich 4% aller Jugendlichen in einer schulischen Ausbildung geben zwei Jahre nach der Hauptschule an, dass sie die Schule abbrechen möchten, die meisten um in eine duale Ausbildung überzutreten. Lehrlinge möchten fast geschlossen die Lehre fertig machen. Nur 7% der Lehrlinge bewerten die Chancen auf eine Übernahme nach der Lehrzeit als nicht gut, 12% konnten diesbezüglich keine Einschätzung abgeben.
Insgesamt geht die Mehrheit der Jugendlichen von einer sozialen Aufwärtsmobilität aus: 53% sehen sich in fünf Jahren auf einer höheren Stufe in der Gesellschaft, 41% auf derselben Stufe, 0,5% auf einer niedrigeren Stufe. Mehr als drei Viertel der Jugendlichen, die sich derzeit weiter unten in der Gesellschaft einstufen würden, hoffen auf einen sozialen Aufstieg.

  • Quelle: Schönherr, Daniel / Zandonella, Martina / Wittinger, Daniela (2014): „Wohin gehst DU?“ Ausbildungs- und Berufswege nach der Hauptschule (2010-2013). Das Ausbildungs- und Berufseinstiegspanel (ABEP), Endbericht. Wien: SORA.